Mindestgrößen als Zulassungskriterium für den Polizeidienst

Diverse Verwaltungsgerichte haben in Deutschland unterschiedlich zu Festlegungen einer Mindestgröße entschieden, die für die Zulassung für den Polizeidienst erforderlich ist. Im Fall einer Bewerberin aus Griechenland hat der EuGH entschieden, dass eine solche Maßnahme unter Umständen nicht notwendig ist, um das Funktionieren der Polizei zu gewährleisten.

Mit Urteil vom 1. Juni 2017 hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden, dass die vom Polizeipräsidenten in Berlin festgelegte Mindestgröße von 160 cm für Bewerberinnen für den Polizeivollzugsdienst nicht zu beanstanden sei. Denn für die Durchsetzungsfähigkeit bei körperlichen Auseinandersetzungen und für die Anwendung unmittelbaren Zwangs müssten gewisse körperliche Mindestvoraussetzungen erfüllt sein. Polizistinnen unter 160 cm könnten wegen ihrer Körpergröße als unterlegen wahrgenommen werden und damit auch eher bevorzugtes Ziel von Widerstandshandlungen sein.

Nach dem OVG Münster ist eine Mindestgröße von 168 cm für männliche Bewerber für den Polizeivollzugsdienst hingegen rechtswidrig. Der Bewerber hätte alleine wegen dessen Körpergröße von 166,5 cm nicht vom Bewerbungsverfahren ausgeschlossen werden dürfen. Gemäß Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW vom 31. Mai 2013 betrage die Mindestkörpergröße bei Bewerberinnen 163 cm und bei Bewerbern 168 cm. In dem Rechtsstreit wurde deutlich, dass eine im Erlasswege geregelte unterschiedliche Größe von Männern und Frauen rechtswidrig sei, da sie alleine einen "Vorteilsausgleich" zur Vermeidung einer Benachteiligung von Frauen beabsichtige. Hingegen sei eine Festlegung einer Mindestgröße von 163 cm für den Zugang zum gehobenen Polizeivollzugsdienst in Nordrhein-Westfalen nicht zu beanstanden. Nach einer umfassenden Untersuchung einer Arbeitsgruppe des Landes, die auch eine Studie der Deutschen Sporthochschule Köln einbeziehe, sei erst ab einer Größe von 163 cm von einer Polizeidiensttauglichkeit auszugehen.

Im Falle einer Bewerberin, die die Zulassung zur griechischen Polizeischule begehrte, hat der EuGH allgemeine Grundsätze festgelegt, unter welchen Voraussetzungen keine verbotene Diskriminierung vorliegt. Im konkreten Fall ging es – unabhängig vom Geschlecht – um eine Körpergröße von mindestens 170 cm, die für alle Bewerber für das Auswahlverfahren festgesetzt worden ist.

Zuerst hat der EuGH festgestellt, dass die Festsetzung einer einheitlichen Mindestkörpergröße für alle Bewerber, männlichen oder weiblichen Geschlechts, zu einer verbotenen mittelbaren Diskriminierung führt, da sie eine sehr viel höhere Zahl von Personen weiblichen Geschlechts als männlichen Geschlechts benachteiligt.

Allerdings sei eine solche verbotene Diskriminierung nicht gegeben, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Die Regelung muss durch ein rechtmäßiges Ziel, wie das Bemühen, die Einsatzbereitschaft und das ordnungsgemäße Funktionieren der Polizei zu gewährleisten, sachlich gerechtfertigt sein und
  2. die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein.

Abzustellen sei auf die konkrete Tätigkeit. Polizeiaufgaben, wie der Beistand für die Bürger oder die Verkehrsregelung, bedürfe keinen hohen körperlichen Einsatz und daher keine besondere körperliche Fähigkeit.

Andere Tätigkeiten, die eine besondere körperliche Eignung erfordern, sind nicht zwangsläufig mit dem Besitz einer Mindestkörpergröße verbunden. Das Ziel, die wirksame Erfüllung der Aufgabe der griechischen Polizei zu gewährleisten, könnte jedenfalls mit Maßnahmen erreicht werden, die für Frauen weniger nachteilig sind, wie eine Vorauswahl der Bewerber zur Überprüfung ihrer körperlichen Fähigkeiten.

Unter diesen Voraussetzungen hat der EuGH die Aufgabe, den Zugang zum Polizeivollzugsdienst angemessen zu regeln, zurück an den griechischen Gesetzgeber gegeben. Dabei ist die Auswahl, die alleine von der Körpergröße abhängig ist, ohne differenzierende Betrachtung von der auszuübenden Tätigkeit mit dem Unionsrecht nicht vereinbar.

Diese EuGH-Entscheidung wird auch Einfluss auf die kommende Einstellungspraxis in Deutschland haben. Die aufgestellten Grundsätze wird der Dienstherr zu berücksichtigen haben, wenn er aus seiner Sicht die maßgeblichen Eignungs-, Befähigungs- und Leistungskriterien im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG bestimmt.

Quellen: Pressemitteilung des VG Berlin vom 26. Juni 2017, Pressemitteilung des OVG Münster vom 21. September 2017, Pressemitteilung Nr. 106/17 des EuGH vom 18. Oktober 2017