Lohnfortzahlung während Quarantäne?

Aus aktuellem Anlass stellen wir folgende Frage: Besteht der Verdacht, mit dem Virus SARS-CoV-2 infiziert zu sein, müssen Arbeitnehmer sich in häusliche Quarantäne begeben. Ist der Arbeitgeber in dieser Zeit zur Entgeltfortzahlung verpflichtet?

Mit der jüngsten Änderung des Infektionsschutzgesetzes (§ 56 IfSG) hat der Gesetzgeber Reisen in ein Risikogebiet von der Entschädigungspflicht ausgenommen.

Sofern ein Arbeitnehmer aufgrund behördlicher Anweisung in Quarantäne zu Hause bleiben muss, ohne erkrankt zu sein, ist fraglich, ob er einen arbeitsrechtlichen Vergütungsanspruch hat.

Arbeitsunfähig ist der Beschäftigte in diesem Fall nicht. Wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die er auch von zu Hause aus, im Homeoffice, erledigen kann, gibt es eine klare Antwort: Der Arbeitnehmer kann während der Quarantäne zu Hause weiterarbeiten und behält seinen Vergütungsanspruch.

Was ist aber in den vielen Fällen, in denen das nicht möglich ist. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) bestünde eigentlich nicht, denn der Arbeitnehmer ist nicht arbeitsunfähig erkrankt.

Hier kommen dann gegenüber der öffentlichen Hand Entschädigungsansprüche wegen Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder eventuell gegenüber dem Arbeitgeber ein Anspruch aus § 616 BGB in Betracht.

Lohnfortzahlung oder Verdienstausfallentschädigung

Nach § 616 BGB hat derjenige einen Lohnfortzahlungsanspruch (Vorübergehende Verhinderung), der aufgrund des IfSG unter Quarantäne gestellt wird oder mit einem Tätigkeitsverbot belegt wurde und einen Verdienstausfall erleidet, ohne krank zu sein. § 616 BGB setzt voraus, dass der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist.

Was unter „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ zu verstehen ist, ist unklar, da es auf die Umstände des Einzelfalles ankommt. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Im Regelfall dürfte ein Zeitraum von etwa fünf Tagen als „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ anzusehen sein.

Wer also bei Eintritt eines infektionsschutzrechtlichen Beschäftigungshindernisses für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit verhindert ist hat keinen Anspruch nach § 56 IfSG.

Besteht kein Anspruch aus § 616 BGB oder ist dieser trotz fortbestehender Quarantäne bereits ausgeschöpft, erhält der Arbeitnehmer grundsätzlich eine Entschädigung, die in § 56 IfSG geregelt ist: diese sieht so aus, dass bei Arbeitnehmern der Arbeitgeber für längstens sechs Wochen (soweit tarifvertraglich nicht anders geregelt) die Entschädigung auszahlen muss.

Diese ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag erstattet. Bei einer längeren Quarantäne wird nach Ablauf der sechs Wochen der Verdienstausfall in Höhe des Krankengeldes gewährt.

Achtung: Urlaub im Risikogebiet

Haben Arbeitnehmer in Risikogebieten Urlaub gemacht, dürfen und können sie nicht einfach an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Auf Basis der der geltenden Quarantänevorschriften sind sie verpflichtet, sich beim zuständigen Gesundheitsamt zu melden und zwei Wochen in häuslicher Quarantäne zu bleiben.

Nun ist fraglich, welche Auswirkungen das auf das Arbeitsverhältnis bzw. auf die Lohnfortzahlung hat.

Generell muss der der Arbeitgeber nicht wissen, wo und mit wem ein Mitarbeiter den Urlaub verbringt.

Allerdings muss der Arbeitgeber zur Vermeidung eines Ansteckungsrisiko dem Arbeitgeber mitteilen, ob er sich in den letzten 10 Tagen in einem Corona-Risikogebiet aufgehalten hat oder Kontakt zu jemandem hatte, der unter Infektionsverdacht steht oder infiziert ist. Ohne Nachweis, aktuell nicht infiziert zu sein, muss sich der Arbeitnehmer nach seiner Rückkehr aus einem Risikogebiet für einen Zeitraum von 10 Tagen in häusliche Quarantäne begeben.

Konsequenz selbstverschuldeter Quarantäne?

Wenn Arbeitnehmer wissentlich in ein Land reisen, für das eine Reisewarnung besteht (das sind derzeit zahlreiche), handeln sie schuldhaft im Sinne der Entgeltfortzahlungsbestimmungen. Nach den jeweiligen Landesverordnungen der Bundesländer besteht die Verpflichtung, sich bei der Rückkehr in Quarantäne zu begeben. Als Folge eines solchen Verhaltens seitens des Arbeitnehmers entsteht eine vorübergehende Verhinderung der Erbringung der Arbeitsleistung gemäß § 616 BGB, die der Arbeitnehmer durch sein Verhalten verschuldet hat. Daher hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall keinen Entgeltfortzahlungsanspruch gemäß § 616 BGB zu.

Verdienstausfallentschädigung?

Seite der Änderung des IfSG ist nun explizit geregelt, dass auch eine Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz nicht in Frage kommt. § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG wurde durch das dahingehend geändert, dass kein Entschädigungsanspruch besteht, wenn eine Quarantäne durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet hätte vermieden werden können. Eine Reise ist nach Definition des Gesetzes dann vermeidbar, wenn zum Zeitpunkt der Abreise keine zwingenden und unaufschiebbaren Gründe für die Reise vorlagen.

Übrigens: das gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer während der Quarantänephase seine Arbeit aus dem Homeoffice leisten kann.

Urlaubsort wird Risikogebiet?

Wenn das Urlaubsland, in das der Arbeitnehmer reist nach dem Antritt seiner Reise aufgrund steigender Infektionszahlen (erneut) zum Risikogebiet erklärt wird, liegt kein Verschulden des Arbeitnehmers vor, so dass er für einen vorübergehenden Zeitraum einen Lohnfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB hätte. Hier greift jedoch vor allem § 56 IfSG, nach welchem der Arbeitnehmer einen Entschädigungsanspruch für die Zeit der Quarantäne hat.

In der Praxis leistet der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung und kann sich diese Zahlungen von der zuständigen Behörde erstatten lassen (§ 56 Abs. 5 IfSG).