Keine Beteiligung der Landesregierung bei Richterbeförderungen – auch nicht im Bezug auf den Frauenförderplan
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof bestätigte, dass die Landesregierung bei der Beförderung von Richtern nicht zustimmen muss – selbst dann nicht, wenn die Ziele des Frauenförderplans nicht erfüllt sind.
Maßgeblich für die Auswahl sei allein die „Bestenauslese“ nach Leistung. Die Frauenförderung dürfe nur berücksichtigt werden, wenn eine gleichwertige Qualifikation der Bewerber festgestellt werde. Eine angeblich manipulative Auswahl zugunsten eines Mitbewerbers konnte die unterlegene Bewerberin nicht glaubhaft machen.
Sachverhalt:
Eine Richterin am Oberlandesgericht Frankfurt bewarb sich auf zwei Beförderungsstellen für den Vorsitz. Auch ein Kollege bewarb sich auf dieselben Stellen. In beiden Fällen wurde zunächst ein dritter Bewerber ausgewählt. Nachdem dieser seine Bewerbung zurückzog, sollte der Kollege der Richterin nachrücken. Die Richterin hielt das Auswahlverfahren für manipuliert und beantragte vorläufigen Rechtsschutz gegen die Beförderung ihres Kollegen. Sie rügte u. a. die fehlende Zustimmung der Landesregierung wegen nicht erfüllter Zielvorgaben zur Frauenförderung und beanstandete die Bewertung ihrer Leistungen.
So hat das Gericht entschieden:
Die Beschwerde der Antragstellerin war unbegründet
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde zurück. Die Auswahlentscheidung sei weder formell noch materiell rechtswidrig gewesen. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf vorläufigen Rechtsschutz.
Keine Vorfestlegung durch das Justizministerium
Die Richterin warf dem Justizminister vor, das Verfahren sei zu Gunsten ihres Kollegen manipuliert worden. Dafür konnte sie aber keine konkreten Belege vorlegen. Der Gerichtshof stellte klar: Nur objektiv nachvollziehbare Umstände könnten eine Befangenheit begründen. Hinweise auf parteipolitische Bevorzugung oder sachwidrige Einflussnahme lagen nicht vor.
Zustimmung der Landesregierung nicht erforderlich
Die Antragstellerin machte geltend, die Beförderung hätte einer Zustimmung der Landesregierung nach § 11 Abs. 4 Satz 1 des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes (HGlG) bedurft, da Frauen im höheren Richterdienst unterrepräsentiert seien. Das Gericht verneinte dies. Art. 127 Abs. 3 der Hessischen Verfassung sieht vor, dass über Richterernennungen der Justizminister gemeinsam mit dem Richterwahlausschuss entscheidet. Eine Beteiligung der Landesregierung ist dabei ausgeschlossen. § 11 Abs. 4 Satz 6 HGlG regelt ausdrücklich, dass die Zustimmungspflicht in diesen Fällen nicht gilt.
Leistungsbewertung war rechtmäßig
Beide Bewerber wurden in ihren aktuellen dienstlichen Beurteilungen gleich gut bewertet. Deshalb wurde eine sogenannte „Ausschärfung“ vorgenommen, bei der einzelne Leistungsmerkmale verglichen wurden. Hier sah die Auswahlbehörde einen leichten Vorsprung beim Kollegen der Antragstellerin, etwa bei Fachkompetenz und IT-Affinität. Diese Wertung hielt das Gericht für nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden.
Frauenförderung nur bei gleicher Qualifikation
Die Richterin hatte argumentiert, dass die Frauenförderung vorrangig zu berücksichtigen sei. Das Gericht stellte klar: Nach Art. 33 Abs. 2 GG und der dazugehörigen Rechtsprechung darf das Geschlecht nur berücksichtigt werden, wenn eine gleiche Eignung festgestellt wurde. Im vorliegenden Fall habe der Kollege einen messbaren Vorsprung gehabt. Deshalb sei ein Rückgriff auf das Kriterium der Frauenförderung nicht zulässig gewesen.
Dienstliche Beurteilungen waren ausreichend fundiert
Der Einwand, der Präsident des Oberlandesgerichts habe die Beurteilungen nicht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage erstellt, überzeugte das Gericht nicht. Er habe auf Beurteilungsbeiträge aus dem Kollegium und eigene Beobachtungen zurückgegriffen. Das reiche aus, um eine sachgerechte Einschätzung zu ermöglichen.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof vom 1. April 2025 (1 B 2267/24)