Bundespersonalvertretungsrecht – Reformbedarf nach 44 Jahren

Das Bundespersonalvertretungsgesetz ist in wichtigen Bereichen sichtbar in die Jahre gekommen. Es ist mit gesellschaftlichen, technischen, organisatorischen sowie dienst- bzw. tarifrechtlichen Entwicklungen konfrontiert, an die zu seiner Schaffung in den 70er Jahren nicht zu denken war. Es gilt auch, die Mitbestimmung zukunftsfest zu machen, weil Digitalisierung und demografischer Wandel die Arbeitswelt rasant verändern.

„Im Rahmen der Reform des Personalvertretungsgesetzes wird eine materielle und formelle Ausweitung der Mitwirkung der Personalvertretung vorgeschlagen“. Das war 1969, gesagt vom damaligen Bundeskanzler Willi Brandt in seiner Regierungserklärung, die zum bis heute geltenden Bundespersonalvertretungsrecht (BPersVG) aus dem Jahre 1974 führte.

Veränderungen in der Arbeitswelt führen zu Reformbedarf

Nach 44 Jahren besteht nun Reformbedarf. Das Gesetz ist in wichtigen Bereichen sichtbar in die Jahre gekommen. Es ist mit gesellschaftlichen, technischen, organisatorischen sowie dienst- bzw. tarifrechtlichen Entwicklungen konfrontiert, an die Anfang der 70er Jahre nicht zu denken war. Dies gilt es, nicht nur gesetzlich „nachzuzeichnen“, sondern die Mitbestimmung zukunftsfest zu machen, weil Digitalisierung und demografischer Wandel die Arbeitswelt rasant verändern.  

Damals wie heute ist gesellschaftliche Teilhabe ein erstrangiges Thema. Aus der Politik ist immer wieder zu hören, dass man die Menschen „mitnehmen“ muss, wenn Veränderungen anstehen. Nur so gelingen Reformprozesse, auch im Bereich der Arbeitswelt des Öffentlichen Dienstes in Deutschland.

Auf die Sicherung und die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen sind wir alle angewiesen. Arbeitsverdichtung, Struktur- und Organisationsveränderungen sowie vorgenommene Privatisierungen bisheriger Aufgaben haben viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst miterlebt. Die Arbeitsverwaltung, die veränderten Aufgaben von Bundespolizei und Zoll sowie die der Bundeswehr sind in diesem Zusammenhang zu nennen, weil die Veränderungsprozesse dort auf die betroffenen Beschäftigten und die sie vertretenden Personalräte erhebliche Auswirkungen hatten. Neue Herausforderungen durch Migration und damit verbundene Integrationsanstrengungen sind hinzugekommen.  

Diesen Veränderungsprozessen sind zahlreiche Regelungen zur Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen, wie sie sich im Bundespersonalvertretungsrecht und auch noch in einigen Personalvertretungsgesetzen der Länder finden, erkennbar so nicht mehr gewachsen. Es geht bei der Gestaltung der Veränderungen immer auch um eine legitime Teilhabe der Beschäftigten. Ein modernes Personalvertretungsrecht im Bund wäre dafür eine wichtige Grundlage.

Beteiligungsrecht bei ressortübergreifenden Maßnahmen

In den letzten Jahren ist zunehmend ein „Leerlaufen“ von Personalratsbeteiligung zu verzeichnen, obwohl im Grundsatz Beteiligungsrechte bestehen. Insbesondere bei ressortübergreifenden Maßnahmen, wie beispielsweise der Einrichtung von Dienstleistungszentren, mangelt es an einer zuständigen Personalvertretung, die eingeschaltet werden könnte. Diese Beteiligungslücke sollte eine Novellierung des BPersVG schließen, zum Beispiel, indem die bestehenden Arbeitsgemeinschaften der Personalräte aufgewertet und im Gesetz eine Verankerung erfahren. Einige Länder wie Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz haben mit einer solchen Lösung gute Erfahrungen gemacht. Selbst in der Bundesverwaltung gibt es schon einen bescheidenen „Beteiligungsansatz“. Bei der Neustrukturierung der Arbeitsverwaltung mit ihren verschiedenen Trägern spielt die Arbeitsgemeinschaft der Personalräte mangels eines klassischen Stufenverfahrens eine nicht unwichtige Rolle, auch wenn das Beteiligungsrecht eher mager ausgestattet ist und allen Beteiligten nicht wirklich hilft.

Zusammenlegung von Dienststellen: Personalratslose Zeiten vermeiden

Auch gilt es, bei der geplanten Gesetzesänderung Regelungen für einen „Übergangspersonalrat“ etwa bei der Zusammenlegung von Dienststellen zu entwickeln, um auch hier einer personalratslosen Zeit entgegen zu wirken und die Beteiligung von Personalräten im Veränderungsprozess umfassend sicherzustellen.

Mitbestimmungstatbestände

Gesetzliche Anpassungen sind auch in der konkreten Mitbestimmung sinnvoll und notwendig. Allein die technische Entwicklung und zunehmende Digitalisierung von Arbeitsprozessen erfordern eine umfassende Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen. Zu einer verbesserten Einbeziehung sollten auch generell Organisationsänderungen führen, weil sie sich vielfach auf die sozialen und innerdienstlichen Belange der Beschäftigten in besonderer Weise auswirken. Sie ziehen ohnehin nicht selten Folgemaßnahmen nach sich, die heute schon mitbestimmungsrechtlich verankert sind.

Dabei will niemand die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1995 zum Demokratiegebot und zum Regierungs- und Parlamentsvorbehalt antasten, aber eine sachgerechte Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen und die nötige Präzisierung der Rechte des Personalrates sind möglich und auch geboten.

Stellung des Personalrats

Nicht wenige Bundesländer haben mittlerweile ihre Personalvertretungsgesetze novelliert und dadurch die Arbeitsmöglichkeiten und die Stellung des Personalrates verbessert. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang im Bereich des „Innenverhältnisses“ die neue Rolle des Vorsitzenden oder der Vorsitzenden, anstelle des Vorstandsprinzips nach dem BPersVG. Diese neue Rolle und der Kompetenzzuwachs helfen nicht nur bei der Personalratsarbeit. Auch die Dienststelle profitiert vom Verantwortungszuwachs des Vorsitzenden bzw. der Vorsitzenden eines Personalrates.

Regelfreistellung anpassen

Ein anderes Thema im Bund betrifft die Regelfreistellung von Personalräten, bisher ab 300 Beschäftigte in der sogenannten Freistellungstafel gesetzlich festgeschrieben. Das Land Nordrhein-Westfalen beispielsweise sieht in seinem Landespersonalvertretungsrecht entsprechend dem Betriebsverfassungsrecht vor, dass bereits ab 200 Beschäftigten die Regelfreistellung greift. Warum eine Übernahme einer solchen Regelung im Bund sachgerecht ist, zeigt sich an dem erheblichen Aufgabenzuwachs bei Personalräten in einer immer komplizierter werdenden Arbeitswelt. Personalratsarbeit begleitet schließlich nicht nur das Tarif-und Beamtenrecht mit seinen zahlreichen Veränderungen, sondern mittlerweile völlig veränderte Formen des Verwaltungshandels und der Arbeitsorganisation. Das ist so mal eben nebenbei nicht zu schaffen, wenn man sein Mandat ernst nimmt und seinen Wählerinnen und Wähler gerecht werden will.

Problem Versagungskatalog

Besonders im Blickfeld einer Novellierung des BPersVG sollte der sogenannte Versagungskatalog in Personalangelegenheiten sein, auf den bereits in einer Reihe von Personalvertretungsgesetzen der Länder ganz verzichtet wird. Der Personalrat kann bei Einwänden ohnehin nur im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben argumentieren. Warum soll er dann noch einmal zusätzlichen Beschränkungen unterworfen werden. Auch ist nicht mehr nachvollziehbar, warum die Mitbestimmung bei A 16 und vergleichbaren Tarifbeschäftigten aufhört. Als das BPersVG 1974 in Kraft trat, war der Stellenkegel ein anderer. Was damals der Besoldungsgruppe A 16/B 3 zugeordnet war, entspräche nach der Stellenentwicklung der letzten Jahrzehnte heute gewiss eher B 6. Gerade im Bereich der dieser Besoldung von A 16/B 3 zugeordneten Führungspositionen wirken sich intransparente Auswahlentscheidungen oder Fehlbesetzungen unmittelbar auf eine Vielzahl von Beschäftigten aus. Sie können das Klima ganzer Behörden dauerhaft negativ beeinflussen und dadurch auch die Arbeits- und Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.

Eine umfassende zukunftsfeste Anpassung und Verbesserung der Informations- und Beteiligungsrechte der Personalvertretung wirkt auch gegen einen veränderungsbedingten Vertrauensschwund bei Beschäftigten und ist eine tragende Säule guten Verwaltungshandelns.

Über den Autor:

Heinz Eilers, Regierungsdirektor a. D., langjähriger Dozent der dbb akademie und anderer Fortbildungseinrichtungen. Rund 13 Jahre Vorsitzender des Personalrats im Bundespräsidialamt, 10 Jahre Erfahrung als ehrenamtlicher Richter beim Verwaltungsgericht Berlin und Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Autor für FOKUS Personalvertretungsrecht.