Bundespersonalvertretungsrecht – Reform lässt auf sich warten

Sorgfalt vor Eile ist ein gutes Prinzip. Das gilt gewiss auch für die geplante Novellierung des Bundespersonalvertretungsrechts. Die Reformnotwendigkeit ist unstrittig und steht im Koalitionsvertrag. Im Juni 2018 hatte Bundesminister Seehofer deshalb noch ein zügiges Tempo bei der Anpassung des Gesetzes an heutige Notwendigkeiten angekündigt. Aber wo bleibt der Gesetzesentwurf? Dabei wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, schließlich sind bald wieder Personalratswahlen.

Zur Erinnerung: Vor 100 Jahren konnten in Deutschland erstmals Betriebsräte gewählt werden. 1934 wurde das Recht durch die Nationalsozialisten wieder abgeschafft. Im Jahre 1955 gab es dann für den öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland ein Personalvertretungsrecht des Bundes, das in vielerlei Hinsicht seinem Namen nicht gerecht wurde. Die durchgreifende Reform von 1974 ist bis heute die für Personalräte des Bundes geltende Rechtsgrundlage und dabei doch sichtbar in die Jahre gekommen.

Die heutigen Behördenstrukturen, der Dienstleistungsgedanke, die erheblichen Einsparungen beim Personal im letzten Jahrzehnt mit der aktuellen Trendwende und der Einzug der Digitalisierung mit veränderten Arbeitsbedingungen können mit einem 45 Jahre alten Gesetz nicht mehr abgebildet werden. Aber was ist mit dem angekündigten Tempo?

Die Personalratswahlen finden in diesem Frühjahr gewiss noch nach altem Recht statt, weil im Herbst 2019 vorgestellte Eckpunkte als unzureichend empfunden wurden und ein Gesetzgebungsverfahren Zeit braucht.

Viele demnächst gewählte Kolleginnen und Kollegen werden ihren Rechtsanspruch auf eine Grundschulung wahrnehmen. Aber was sagt man ihnen, mit welchen konkreten Rechten sie die Interessen der Beschäftigten künftig vertreten können, zumal sich Aufgaben und Anforderungen an den öffentlichen Dienst, nicht nur im Bund, weiterhin mit großer Geschwindigkeit verändern?

Einige Beispiele: Ressortübergreifende Maßnahmen laufen derzeit mitbestimmungsrechtlich ins Leere. Diese Beteiligungslücke muss auf einem hohen Teilhabeniveau für Personalräte geschlossen werden, um der Gefahr eines veränderungsbedingten Vertrauensschwundes bei den Beschäftigten vorzubeugen. Forderungen, entsprechende Beteiligungsregelungen vorzunehmen, sind schon im April 2016 aufgrund seinerzeit aktueller Vorhaben der Regierung vom Verband der Beschäftigten oberster und oberer Bundesbehörden (VBOB) erhoben worden. Erkannt wurde diese Beteiligungslücke schon viel früher. Die Arbeitsgemeinschaft der Personalräte der obersten Bundesbehörden kann davon ein Lied singen.

Organisations- und Strukturveränderungen bringen nicht selten mit sich, dass es plötzlich keinen Personalrat mehr gibt. „Macht muss kontrolliert werden“ sagte Bundesminister Seehofer auf der Jahrestagung des dbb am 6. Januar 2020 in Köln, und: „der Arbeitgeber braucht einen Gegenpart“. Personalratslose Zeiten passen nicht in eine Zeit der innerbehördlichen Teilhabe von Beschäftigten.

Das Top-Thema „Digitalisierung“ hat auch modernen und flexiblen Arbeitszeitmodellen einen kräftigen Schub gegeben. Vielen Beschäftigten kommt diese Form des Arbeitens entgegen. Für Personalräte sind diese Arbeitszeitmodelle ein wichtiges Gestaltungsfeld, das eine umfassende Mitbestimmung im Interesse der Beschäftigten verlangt, die bestehende und noch zu schaffende Beteiligungsrechte umfassend in den Blick nehmen muss.

Die Digitalisierung und die mit ihr auch verbundene Veränderung der Kommunikationsbedingungen eröffnen neue Möglichkeiten in der Geschäftsführung des Personalrates. Diese rechtssicher und gleichzeitig effizient zu gestalten, hilft Personalvertretung und Dienststelle gleichermaßen. An Aufgaben und Pflichten eines schließlich im Ehrenamt mit hohem Zeitaufwand tätigen Personalrates mangelt es gewiss nicht.

„Keine Verschlechterung“ hat Bundesminister Seehofer auf dem Jahreskongress des dbb versprochen. Modernisierung und Verbesserung wären die Messlatte für eine wirkliche Teilhabe, damit die Novellierung des Bundespersonalvertretungsrechts mit dem Begriff „Reform“ versehen werden kann, so wie 1974 schon einmal geschehen.

Über den Autor:

Heinz Eilers, Regierungsdirektor a. D., langjähriger Dozent der dbb akademie und anderer Fortbildungseinrichtungen. Rund 13 Jahre Vorsitzender des Personalrats im Bundespräsidialamt, 10 Jahre Erfahrung als ehrenamtlicher Richter beim Verwaltungsgericht Berlin und Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Autor für FOKUS Personalvertretungsrecht.