Bundespersonalvertretungsrecht – aktueller Stand der Reformüberlegungen

Am 15. März 1974 ist das derzeit geltende Bundespersonalvertretungsrecht (BPersVG) in Kraft getreten. Es ist sichtbar in die Jahre gekommen. Seit Monaten gibt es Überlegungen im zuständigen Bundesministerium des Innern, für Heimat und Bauen (BMI) zur Ausgestaltung notwendiger Reformschritte, die auch mit den Gewerkschaften erörtert wurden.

Aufgrund des umfangreichen Änderungsbedarfs nach nunmehr 46 Jahren ist geplant, dass die Novellierung in Form eines Ablösungsgesetzes erfolgen soll. Diese Vorgehensweise ermöglicht es, durch eine neue Struktur und Systematik die Verständlichkeit und Anwenderfreundlichkeit zu verbessern, eine sprachliche und rechtsförmliche Überarbeitung vorzunehmen und überholte Rechtsvorschriften zu streichen. Das wird denjenigen, die mit dem Gesetz arbeiten müssen, Erleichterungen in der praktischen Rechtsanwendung bringen.

Aber auch inhaltlich wird es nach Jahrzehnten eine Vielzahl von Änderungen und Neuregelungen geben, um die innerbehördliche Beteiligung der Beschäftigten über die von ihnen gewählten Personalvertretungen zukunftsfähig auszugestalten.

Einige wichtige geplante bzw. diskutierte Änderungen sind:

  • Vermeidung personalratsloser Zeiten und Schaffung von Übergangsmandaten u.a. bei Umstrukturierungen
  • Verbesserte und rechtssichere Nutzung digitaler Möglichkeiten in der Personalratsarbeit
  • Zeitliche Flexibilisierung im Beteiligungsverfahren durch Fristabsprachen
  • Schaffung neuer und Präzisierung bestehender Mitbestimmungstatbestände
  • Aufnahme der bisher informell bestehenden Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte in das Gesetz mit eingeschränkten Befugnissen
Bundesinnenminister Seehofer hat mehrfach erklärt, dass es mit ihm keine Verschlechterungen geben wird. Deshalb wird von Gewerkschaftsseite das Vorhaben kritisch gesehen, der jeweiligen Obersten Bundesbehörde bei einer Reihe von Mitbestimmungstatbeständen die Möglichkeit zu geben, einseitig Empfehlungen der Einigungsstelle aufzuheben. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil aus dem Jahr 1995 zum Personalvertretungsrecht des Landes Schleswig-Holstein und in der Folge auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung seit 2002 ein Letztentscheidungsrecht der Obersten Bundesbehörde für diejenigen Angelegenheiten festgelegt, die der Natur der Sache nach den parlamentarisch verantwortlichen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern im Mitbestimmungsverfahren nicht entzogen werden darf. Dies dürfte aber gewiss nicht für alle Mitbestimmungstatbestände gelten und verlangt deshalb nach einer differenzierteren Regelung, die mindestens der bisher geübten Praxis entspricht.

Auf wenig Begeisterung stößt bei den Gewerkschaften auch, dass ihre bisherige Erwähnung gleich zu Beginn des derzeit gültigen Regelungswerks zur Vertrauensvollen Zusammenarbeit nach den aktuellen Planungen erst einige Paragrafen später erfolgt. Zwar gibt es gewiss Gründe, die in dem Anliegen einer insgesamt verbesserten Systematik liegen dürften. Aber die 1974 in das Bundespersonalvertretungsrecht eingeflossenen Reformgedanken u.a. für eine Hervorhebung der gewerkschaftlichen Rolle zur Unterstützung personalvertretungsrechtlicher Anliegen treten so zurück. Auch wenn es inzwischen vermehrt in Personalvertretungen viele „unabhängige“ Listen und Mitglieder von ohne Gewerkschaftsbindung gibt, bleiben Gewerkschaften als Akteure schon allein zur Ausfüllung des Sozialstaatsprinzips von großer Wichtigkeit für unser Gemeinwesen und sollten sich auch im neuen Bundespersonalvertretungsgesetz entsprechend prominent wiederfinden.

Die derzeitige Pandemie hat aus der Not heraus geboren viele digitale Antworten zur bisherigen Präsenzkultur in den Dienststellen generiert, die auch auf die Personalratsarbeit gewirkt haben. Das neue Gesetz hätte die Chance, rechtsichere und dauerhafte Regelungen für ein breites digitales Handeln von Personalvertretungen zu schaffen, um auch auf diesem Feld Zukunftsfähigkeit unter Beweis zu stellen.

Das Bundespersonalvertretungsrecht lebt im Konkreten von der Ausgestaltung der Beteiligungsrechte. Hier sind Reformansätze erkennbar, die den heutigen Gegebenheiten und den damit verbundenen Veränderungsnotwendigkeiten entsprechen. Warum aber beispielsweise eine jahrzehntelange „Deckelung“ der Mitbestimmung bei Beamten bis zur Besoldungsgruppe A15 weiterbestehen soll, obwohl Stellenentwicklung und Stellenkegel längst die Einbeziehung von mindestens A16/B3 und höher hergeben – einschließlich vergleichbarer AT-Beschäftigter -, bleibt unverständlich.

Viel Zeit steht nicht mehr zur Verfügung, um die offenen Fragen zu lösen und ein Reformgesetz im Bund zu schaffen, das diese Bezeichnung auch verdient. Im September 2021 wird ein neuer Bundestag gewählt und ab Sommer dürfte der Wahlkampf beginnen. Das Gesetzgebungsverfahren müsste bis dahin abgeschlossen sein, damit aus der Reform in absehbarer Zeit noch etwas wird. 1974 gelang es, dass auch die damalige Opposition dem Gesetz zugestimmt hat. Ein möglichst breiter Konsens zur Regelung einer verbesserten und zukunftsfähigen Teilhabe der Beschäftigten über ihre Personalvertretungen wäre ein starkes politisches Signal für den Öffentlichen Dienst im Bund.

Über den Autor:

Heinz Eilers, Mitglied im dozenten.team, Regierungsdirektor im Bundespräsidialamt a.D., Dozent bei Walhalla Seminare, der dbb akademie, Lehraufträge an verschiedenen Verwaltungsakademien, Vortragstätigkeit auf Kongressen; umfassende praktische Erfahrungen im Personalvertretungsrecht durch die langjährige Tätigkeit als Vorsitzender des Personalrates beim Bundespräsidialamtes.

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