Beamtenverhältnis auf Probe: dienstrechtliche Konsequenzen wegen sexueller Belästigung

In gleich zwei kurz aufeinander folgenden Beschlüssen hat das OVG NRW das Fehlverhalten von Beamten auf Probe bestraft, einmal im Freizeitbereich, einmal im Dienst.

Folgen des Fehlverhaltens eines Beamten

Generell ist es so: Verstößt ein Beamter auf Lebenszeit gegen die Wohlverhaltenspflicht in schwerwiegender Weise, so kann dies nach Einleitung eines disziplinarrechtlichen Verfahrens die Kürzung seiner Dienstbezüge zur Folge haben. Für das Beamtenverhältnis auf Probe sind die Folgen schwerwiegender. § 34 Abs. 1 Nr. 1 BBG sieht für diese Fälle die Option der Entlassung des Beamten auf Probe vor.

Das war auch die Konsequenz in den beiden entschiedenen Fällen.

Kommissaranwärter postet frauenfeindliche und -verachtenden, diskriminierende und sexistischen Kurzvideos auf TikTok

In diesem Fall hat das OVG NRW entschieden, dass das Posten sexistischer Kurzvideos ein Verbot des Führens der Dienstgeschäfte rechtfertigt.

Der Kommissaranwärter hatte auf TikTok frauenfeindliche und -verachtende, diskriminierende und sexistische Kurzvideos gepostet, woraufhin zwei Polizeivollzugsbeamtinnen keinen Dienst mehr mit dem Kommissaranwärter verrichten wollten. Es wurde ein Verbot des Führens der Dienstgeschäfte ausgesprochen, wogegen Kommissaranwärter Klage erhob und Eilrechtsschutz beantragte.

Verwaltungsgericht wies Eilantrag zurück

Das Verwaltungsgericht Minden wies den Eilantrag zurück, da die Voraussetzungen für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 BeamtStG vorlägen: Der Kommissaranwärter habe gegen seine Wohlverhaltenspflicht verstoßen und den Dienstfrieden gestört. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde des Kommissaranwärters.

Oberverwaltungsgericht bestätigt rechtmäßiges Verbot der Führung der Dienstgeschäfte

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Kommissaranwärter habe durch die von ihm auf TikTok verbreiteten frauenverachtenden und sexistischen Beiträge den Eindruck erweckt, Frauen leidglich als Objekte der Bedürfnisbefriedung wahrzunehmen und sie zu diskriminieren. Dadurch habe er dem Ansehen der Polizei und das Vertrauen insbesondere in die männlichen Polizisten geschadet und den Dienstfrieden beeinträchtigt.

Ansehen der Polizei beschädigt

Die Videos seien zweifellos geeignet gewesen, in der Öffentlichkeit die Fragen aufkommen zu lassen, inwieweit die in ihnen zum Ausdruck kommende Haltung gegenüber Frauen bei der Polizei verbreitet ist, dort geduldet oder gar akzeptiert wird. Dabei sei von Bedeutung, dass das Einstellen der Beiträge auf TikTok gerade von der Intention getragen sei, einen möglichst hohen Verbreitungsgrad zu erzielen.

Auch in einem weiteren Fall hat das OVG NRW die Entscheidung des VG bestätigt

Verbale und handgreifliche sexuelle Belästigung

Ein Beamter auf Probe bei einem Zollamt in Nordrhein-Westfalen hatte eine Kollegin verbal und handgreiflich sexuell belästigt. So schilderte der Beamte seine sexuellen Vorlieben, was die Kollegin ebenfalls tun sollte. Zudem küsste er die Kollegin mehrfach und berührte ihre Brüste und das Gesäß gegen ihren Willen.

Er wurde daraufhin mit Bescheid vom November 2021 mit sofortiger Wirkung entlassen.

Beamter erhebt Klage gegen Entlassung

Gegen die Entlassung erhob der Beamte Klage und beantragte Eilrechtsschutz. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf wies den Eilantrag zurück. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Beamten.

Begehung einer Straftat nach § 184 i Abs. 1 StGB

Wer eine Kollegin verbal und handgreiflich sexuell belästigt, begeht eine Straftat nach § 184i Abs. 1 StGB. Dies rechtfertigt die sofortige Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe, so das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen.

Fristlose Entlassung aus Beamtenverhältnis wegen sexueller Belästigung

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Beamte habe hier eine nach § 184i Abs. 1 StGB strafbare sexuelle Belästigung begangen. Dies sei bereits für sich genommen geeignet, die Annahme eines Dienstvergehens in der Form eines Verstoßes gegen § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG zu stützen. Da ein solcher Verstoß im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge habe, sei regelmäßig eine fristlose Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 BBG gerechtfertigt.

Quelle: Oberverwaltungsgericht NRW, 6 B 1984/21
O
berverwaltungsgericht NRW, 1 B 174/22