Änderung des Tarifvertragsgesetzes zur Tarifkollision

Zu Jahresanfang ist im Tarifvertragsgesetz eine neue Kollisionsregelung in Kraft getreten, die die Interessen der unter den Minderheitstarifvertrag fallenden Arbeitnehmergruppen sicherstellen soll. Damit reagierte der Gesetzgeber auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Vorkehrungen für Minderheitsgewerkschaften forderte.

Am Anfang stand das Gesetz zur Tarifeinheit: Bei kollidierenden Tarifverträgen in einem Betrieb gilt ausschließlich nur der Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft, die zum Zeitpunkt des Abschlusses die meisten Mitglieder hat.

Das Bundesverfassungsgericht erachtete das Gesetz zur Tarifeinheit als weitgehend grundrechtskonform (Urteil v. 11. Juli 2017, 1 BvR 1571/15). Ihm fehlten jedoch Schutzvorkehrungen gegen eine einseitige Vernachlässigung der Angehörigen einzelner Berufsgruppen oder Branchen durch die jeweilige Mehrheitsgewerkschaft. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2018 eine Neuregelung zum hinreichenden Interessenschutz der Minderheitsgewerkschaften zu treffen.

Das hat er nunmehr mit dem Qualifizierungschancengesetz vom 18. Dezember 2018 getan. Nach dem geänderten § 4a Absatz 2 Satz 2 TVG gelangt der Tarifvertrag der Minderheitsgewerkschaft dann zur Anwendung, wenn deren Interessen vom Mehrheitstarifvertrag nicht ernsthaft und wirksam berücksichtigt worden sind.

Der Gesetzgeber stellt für die ernsthafte und wirksame Berücksichtigung der Interessen der Minderheitsgewerkschaft auf das Zustandekommen des Mehrheitstarifvertrages ab und wählt einen prozeduralen Ansatz. Nach der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 19/6146) können in der Tarifpraxis die Interessen der verschiedenen Arbeitnehmergruppen zum Beispiel mittels im Vorfeld der Tarifverhandlungen liegender Beteiligungsverfahren ernsthaft und wirksam berücksichtigt werden.

Auch kann die Interessenberücksichtigung zum Beispiel dadurch erfolgen, dass die betreffende Arbeitnehmergruppe in für das Zustandekommen von Tarifverträgen zuständigen Gremien angemessen berücksichtigt ist. Maßgeblich ist im Ergebnis, dass die Interessen der betreffenden Arbeitnehmergruppe im Rahmen der Willensbildungsprozesse für das Zustandekommen des Tarifvertrags angemessen berücksichtigt werden.